Wohl am 3. oder 4. Tag gab es den Befehl mit Sportzeug anzutreten. Nach dem Appell hieß es: “Rechts um, Marsch!” – “Wohin?” kam die Gegenfrage aus unserer Mitte. “Loofen ‘se, loofen 'se, wohin saach ich 'se später.” Diesen schönen Satz unseres kleinen, leicht korpulenten Zugführers Unterleutnant Genscher werde ich wohl nie vergessen. Originalton seinerseits, um Aufmerksamkeit für seine Befehle zu erlangen, lautete: “Horchen ´se droff!”. Trotz allem – der Mann war wirklich in Ordnung. (Ich vermute, er hatte insgeheim auch schon lange die Nase gestrichen voll.)
Wir marschierten zum Med.-Punkt. Unsere Einstellungsuntersuchung stand bevor… Auch wenn sich Folgendes unglaublich anhört, es ist keine Fabel, es ist die reine Wahrheit, so, wie ich alle Erlebnisse wahrheitsgemäß aus der Erinnerung beschreibe! Uns wurde das Einrücken in den Untersuchungsraum in einer Reihe, also im Gänsemarsch befohlen. An der Tür wurden wir vom Sani angebrüllt, im Laufen die Hosen runter zu ziehen. So sollte wohl Zeit gespart werden. Im Vorbeilaufen wurde jedem in die Hoden gegriffen, dann noch ein befohlener kleiner Huster unsererseits, und einmal kurz in den Hintern geschaut… Bestimmt hätte Feldscheer Rumpler lieber in den Himmel oder die Heidelandschaft gesehen, doch da konnten wir ihm nicht helfen, den Beruf hatte ER sich ja ausgesucht…
Bei einem Rekruten wurde er “fündig”. “Soldat S. sie haben Sackratten (Filzläuse), sofort bei Seite treten”. Nach kurzer Besichtigung derselben, wurde dann Salbe verabreicht. (S. hatte aber lediglich Hautschuppen und zuvor wohl lange nicht gebadet.)
Jetzt folgten die wichtigen Untersuchungen. Da ereignete sich ein Vorfall, eigentlich unmöglich: Beim Sehtest ist Soldat G. aus Leipzig angebrüllt worden, weil er mit einem Auge nichts erkannte. Er entgegnete nun, dass dies normal sei, da er ja auf diesem Auge blind sei. Der Arzt regte sich mächtig auf, denn das konnte ja überhaupt nicht sein. Aber es war doch so! G. war auf einem Auge tatsächlich blind und wurde aus Versehen eingezogen. Hoch lebe die genaue Musterung!
Für die NVA ergab sich daraus wohl keinerlei Problem, denn es bedurfte ja nur einer Meldung nach Strausberg, noch eine kurze Überprüfung und Soldat G. dürfte sicher wieder in Richtung Heimat marschieren… Ja, so denken normale Menschen!
Fakt ist aber, dass G. erst 2 Tage vor Weihnachten den Haufen endgültig verlassen durfte. 7 Monate brauchte das Militär um einen Fehler zu korrigieren. Hoch lebe die gesamte NVA!! So “schnell” kann´s gehen…