1. Nachtrag

Ich danke meinen Eltern, niemals von ihnen zur Ableistung eines freiwillig längeren Wehrdienstes bedrängt worden zu sein!

Mein Opa Otto war für den Kaiser im 1.Weltkrieg, mein Vater für Hitler im 2. Weltkrieg, ich war für Ulbricht, Honecker und Co. in Torgau / Neiden bei der NVA. Du, mein Sohn Carlo, in Burg bei der Bundeswehr der BRD.

Vier deutsche aufeinander folgende Generationen wurden genötigt, jeweils einer anderen Fahne hinterher laufend, kostbare Lebenszeit sinnlos zu vertun. Meinen Opa Otto konnte ich nie dazu befragen, ihn habe ich nie kennengelernt. Mein Vater ist zeitlebens nie über seine eigenen Kriegserlebnisse und seine lange Gefangenschaft hinweg gekommen, sie beschäftigen ihn noch heute.

Zu meinem Glück wurde ich niemals wieder, anders als viele meiner Kameraden, zum Reservistendienst beordert. Trotz allem habe ich bestimmt schon 100mal denselben furchtbaren Traum durchlebt… ich würde wieder einrücken müssen! Komischerweise selbst noch nach der politischen Wende 1989, also mehr als 18 Jahre nach meinem Militärdienst. In den Träumen rebelliere ich sogar gegen die neuerliche Einberufung, da ich ja schon zu DDR-Zeiten dachte, dass dieses Kapitel abgeschlossen sei…

So irre sind Träume? Oder warum durchpflügen solche Gedanken jahrzehntelang den Menschen? Was haben die 18 Monate Wehrdienst für Spuren, und nicht nur bei mir, hinterlassen? Und das in Friedenszeiten!

Da wundern sich manche Zeitgenossen, dass so viele deutsche Soldaten traumatisiert von “Friedenseinsätzen” zurückkommen?

Armes Deutschland!

Wäre es nicht besser gewesen, der Westen hätte unter Kanzler Adenauer 1952 Stalins “Geschenk”, die 3 Jahre alte DDR, gegen ein geeintes, aber NEUTRALES Deutschland zu tauschen, angenommen?

Dann hätte der Soldat E. aus Westerhausen / Harz, auch ein Bauarbeiter und zeitgleich bei den Grenztruppen, nicht 2 Jahre und 7 Monate in Schwedt absitzen müssen. Er verbüßte diese lange Haftstrafe, weil er sich weigerte einen Flüchtling zu erschießen! Er sah seine gerade geborenen Zwillinge erst Jahre später…

Dann brauchte Berlin heute kein Denkmal für die weit über 3.100 bundesdeutschen Soldaten, die nach 1956 ihr Leben sinnlos ließen! (Unsere ungezählten NVA-Toten werden bisher nicht einmal erwähnt, geschweige denn gewürdigt.)

Dann brauchte ich mich nicht an meinen gleichaltrigen WBK-Kollegen Fred Hartmayer aus Warnstedt / Harz gedenkend erinnern. Er arbeitete mit mir in einer Brigade und war dann zeitgleich beim Militär und starb bei Bernau in einer Raketeneinheit. Todesursache: Vertuscht, bis heute …

Dann wäre die textlich schönere deutsche Hymne, die DDR-Nationalhymne mit der Liedzeile “Dass nie eine Mutter mehr ihren Sohn beweint” verwirklicht…

Donnerstag, Dezember 10, 2009